5. Oktober 2012

Tschechien: Stinker aus dem Automat

In der Nacht fegt ein Herbststurm übers Land. Die Wolken hängen tief und es regnet leicht. Zum erweiterten Frühstücks-Kaffee fahren wir nach Starý Jičin. Das Städtchen hat einen wunderbaren Hauptplatz mit fast kitschigen Häusern rundherum.

Olomouc ist nicht nur die schönste Stadt Tschechiens. Nein, sie ist auch die Partnerstadt von Luzern. Und - von hier kommt der legendäre „Olmützer Quargel“, ein äusserst schmackhafter Käse. Manche munkeln, er stinke so grauselig, dass die Vögel vom Himmel fallen. Was aber überhaupt nicht stimmt, er riecht bloss etwas gewagt. Etwa so wie der "Harzer Roller", bloss noch etwas würziger.

In Olomouc gibt es den weltweit einzigen Quargel-Automaten. Da kann sich jeder ein Häppchen Quargel ziehen. Essen aus der Wand...

Seit dem Mittelalter strömen die Leute hierher und bestaunen die riesige astronomische Uhr am Rathaus. Ein Wunderwerk der Renaissance-Technik. In den 1950-er Jahren wurde die Uhr dem damaligen Sowjet-Geschmack entsprechend erneuert; und komplett zerstört. Heute sieht sie aus wie eine Ausstellung von XXL-Küchenuhren.

Unterwegs essen wir eine „Opékaná Klobása“, was eigentlich bloss "gebratene Wurst" heisst. Würzig und schön fleischig.


Gegen Abend kommen wir nach Telč. Wir nächtigen auf dem meinem Stammplatz unterhalb der Altstadt.

4. Oktober 2012

Slowakei, Tschechien und ein Hinterteil

Am Morgen scheint wieder die Herbstsonne. Auf den Gipfel der Tatra liegt der erste Schnee. Das erklärt möglicherweise die unmenschliche Kälte der letzten Nacht. Mich fröstelt trotz heisser Beduschung noch  immer.

Heute wollen wir ein rechtes Stück nach Westen fahren; zumindest hinüber in die Tschechische Republik. Wir kommen auch ganz zügig voran, bis uns (mich!) nach einem Imbiss gelüstet. Also fahren wir in ein Städtchen mit einem unaussprechlichen Namen: Bytča. Hier feiern sie heute ein grosses Herbstfest. Da kommen wir ja goldrichtig.

Ein Fest mit jungem Wein, Süssigkeiten und Karussell. Und Würsten. Wir verspeisen eine „Klobása“ vom Grill und trinken dazu roten Traubenmost. Schööön.

Fast unbemerkt überqueren wir die Grenze nach Tschechien. Die gleichen Hügel, Wälder und abgelegene Dörfer. Irgendwie fühlt man sich wie am Anus der Welt.
Und dann kommen wir nach Kopřivnice. Schön ist anders. Aber hier ist das legendäre Tatra-Werksmuseum (n49.5994, e18.1436), das müssen wir (ich!) uns unbedingt ansehen.

Autos und Lastwagen aus dem gesamten 20. Jahrhundert sind ausgestellt. Glänzende Limousinen und dumpfe Laster. Ganz besonders gefällt mir ein "Tatra 600 Sodomka". Das Cabrio hat ein atemberaubend schönes Heck und gehörte einst dem sowjetischen Diktator Stalin.

Ein halbes Dutzend Expeditionsfahrzeuge sind ausgestellt; Weltumrundungen, Afrikafahrten und vieles mehr wurden damit unternommen.
Wir übernachten ganz in der Nähe an einem Waldrand. Mittlerweilen sind auch meine Füsse aufgetaut.

3. Oktober 2012

Slowakei: nasse Füsse und purpurrote Ohren

Was gestern Abend eine merkliche Abkühlung war, entpuppt sich heute Morgen als subpolarer Eisregen. Wir fahren einige Kilometer weiter bis nach Kezmarok. Hier finden wir direkt vor einem schockierenden Werbeplakat einen Parkplatz. Das Plakat führt einem eindrücklich vor Augen, wie fahrlässig man hier mit der Baustellensicherheit umgeht: Die Pumpbeton-Frau trägt keinen Helm!

Nicht ganz unerwartet regnete es auch in Kežmarok. Wir lümmeln ein wenig herum und schauen Schaufenster an. Es regnet währenddessen pausenlos weiter. Und die 6°C fühlen sich auch nicht grad warm an.

Kežmarok hat ein schönes Schloss. Und darin befindet ein kleines Automuseum. Etwa ein Dutzend Autos, ebenso viele Mofas und etwas Feuerwehrzeug werden präsentiert. Vor allem Skoda und Praga.

Am anderen Ende der Stadt steht eine einzigartige, reformierte Kirche. Der schlichte Bau ist komplett aus Holz gefertigt und innen überaus üppig bemalt. Von der Decke und den Wänden schauen ganze Heerscharen von Heiligen herab.

Es scheint nicht so, als ob demnächst die Regnerei zu Ende geht. Also was tun? Eine Höhle anschauen. Wir besuchen drum die berühmte Demänova-Eishöhle. Zum Höhleneingang müssen wir erst einmal hundert Meter den steilen Hang hinauf laufen, um dann im Berginnern wieder gut siebzig Meter in die Tiefe zu steigen.

Enge Gänge, weite Hallen und unzählige Tropfsteine. Stalaktiten wachsen von unten oder hängen an der Decke, Stalagmiten andersherum. Oder umgekehrt. Wie dem auch sei; manchen Stellen der Höhle sind vereist. Die Eiszapfen und Eisfladen von gigantischem Ausmass tauen auch im Sommer nicht auf.

Alte Inschriften berichten von früheren Höhlenbesuchern. Nach sage und schreibe 670 Treppenstufen kommen wir wieder ans Tageslicht. Aber hier draussen ist es auch nicht wärmer wie in der Eishöhle.

Wir übernachten ganz in der Nähe an einem See. Am Abend reisst die Wolkendecke auf und wir sehen grad noch die Sonne untergehen. War ein nasser, aber schöner Tag.

2. Oktober 2012

der Volksmund und die Schokoladenfrucht

Die Zipser Burg steht hoch oben auf einem Hügel und ist mächtig gross. Man könnte zu ihr hinauf steigen, doch uns gelüstet jetzt eher nach Kaffee und Kuchen. Das Fressen komme schliesslich vor der Kultur; sagt der Volksmund.

Und mich gelüstet zudem nach Bahnhof und Eisenbahn - öööhm Vorortbähnli.

Wir übernachten im nahen Levoča, einem ganz netten Städtchen mit einer sehr schönen Altstadt und einer Stadtmauer rundum. Hübsche Häuserzeilen und prächtige Kirchtürme. Vor dem Rathaus steht ein "Schandgatter". Hier hat man früher die Straftäter eingesperrt und ausgestellt.

Im Stadtpark dösen die Leute im Schatten der Bäume und die Alkoholisten frönen ihrer überschaubaren Leidenschaft.

Gegen Abend beginnt es zu regnen. Und es kühlt merklich ab. Wir liegen im Bett und hören dem Regen zu, wie er aufs Dach prasselt. Wohlig und sooo gemütlich.

Gestern haben wir einstimmig beschlossen, dass wir ab sofort   Schokolade zu den Früchten zählen. Das macht vieles einfacher; wegen den Vitaminen und gesund und so..

1. Oktober 2012

Slowakei: hilfe - der Geysir kommt

Gestern sind wir nach der Einreise in die Slowakei noch ein wenig heimwärts gefahren. Die Strassen sind ungewohnt fein; kein hüpfen, kein poltern, nur gediegenes dahin rollen. Am Strassenrand stehen nun da und dort diese protzigen Sockel-Panzer, die Kanonen stramm nach Westen gerichtet. In der Ukraine haben wir keinen einzigen gesehen.

Ins winzig kleine Dorf Herľany ginge wohl kaum jemand, hätten die nicht diesen Geysir. Einen seeehr seltenen Kaltwasser-Geysir (n48.8010, e21.4776). Der funktioniert so ähnlich wie eine gut geschüttelte Mineralwasserflasche; deren Deckel man wegmacht. Und alles herauszischt und das Sofa durchnässt. Hier einfach ohne Deckel und Sofa.

Das praktische an dem Geysir ist, dass er pünktlich alle 33 Stunden kommt. Und dass man auf dem Parkplatz nebenan wunderbar übernachten kann. Jedenfalls sind wir heut pünktlich zur vereinbarten Eruption da. Zuerst hocken wir gelangweilt herum und starren auf ein brunnenartiges Gebilde. Ganz ohne Wasser; furztrocken.

Aber dann geht’s los. Aufs Mal beginnt der Geysir zu spritzen. Erst zaghaft, dann immer heftiger, höher und wilder. Wie ein Geysir eben so tut. Das anwesende Publikum ist beeindruckt, ja euphorisch.

Nach etwa einer halbe Stunde ist die Geysirerei dann zu Ende und für 33 Stunden herrscht wieder Ruhe. Und Trockenheit.