18. Dezember 2012

Algerien: Geld stinkt nicht - behauptet man

aus meinem Tagebuch: Teil 9
Dienstag 9. April 96. Am Vormittag fahren wir aus Touggourt raus, aber nicht ohne nochmal die obligate Strassensperre zu geniessen. Die Landschaft ist schön, doch das Wetter verschlechtert sich. Kurz vor El Oued fallen sogar Regentropfen. Am Stadtrand wieder eine Strassensperre. Die Töffahrer müssen ihre Helme abnehmen und ihr wahres Gesicht zeigen.
Ich gehe in die „Nationalbank“ um etwas Geld zu wechseln. Üblicherweise ein einfaches Unterfangen. Gleich am Eingang wird mein Pass einbehalten und man schickt mich zum Schalter „1“. Der Beamte verlangt als erstes meinen Pass. Kurzes Geschrei und der Pförtner bringt ihn her. Irgendein Bürolist blättert gelangweilt darin herum. Ich frage ihn, ob es damit ein Problem gäbe. Darauf verlässt er zornig seinen Arbeitsplatz. Ich warte. Ab und zu kommt einer, blättert in meinem Pass oder sieht sich meine Devisendeklaration an. Oder meine 50 Franken, die ich gerne wechseln möchte. Dann kommt der Ober-Beamte. Er blättert in meinem Pass. Bestaunt meine 50-Franken-Note, dann beginnt er umständlich meine Devisendeklaration auszufüllen. Dann bemerkt er, dass er so einen 50-Franken Geldschein noch gesehen hat. Zu zweit suchen sie daraufhin den Katalog mit den Abbildungen ausländischer Währungen. Dabei kippt das Regal. Nun beginnt die Sucherei im gefunden Katalog. Blättern, vergleichen, staunen und weiter blättern. Ein Reka-Check; das könnte es sein – nein, doch nicht! Dann kommt einer mit einem Briefumschlag mit Nachtragsblättern zum Katalog. Aber auch da ist nichts dabei. Immer wieder betrachten sie meine Geldschein. UV- Licht. Irgendwann kapitulieren sie. Vor allem, weil inzwischen schon alle Formulare ausgefüllt sind. Ich bekomme 4‘408 Dinar. Ich betrachte die Dinar-Geldscheine ausgiebig, knittere sie zwischen den Fingern und halte sie gegen das Licht. Meine Prüfung bringt die Bankbeamten dermassen in Rage, dass sie mir die 8 Dinar in winzigkleinen Münzen auszahlen!

Das Geld verfressen wir sogleich in der nächsten Gaststätte, um dann zur Grenze fahren. Nach gut zweieinhalb Stunden haben wir die Formalitäten hinter uns gebracht. Am Abend sind wir zurück in Tunesien. Wir übernachten am Rande der Palmgärten hinter Tozeur. Noch lange sitzen wir im fahlen Licht einer Kerze und besprechen unsere sieben Tage in Algerien. Unsere Tour ist irgendwie anders verlaufen, wie geplant!

Morgen geht es weiter, und in die Wüste zum Schlangen fangen.
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6 Kommentare:

  1. Dein Freund hätte in der Bank sein Didgeridoo erklingen lassen sollen, vielleicht hätten die Bürolist ein bisschen dazu getanzt? Wo ist es überhaupt abgeblieben, das Didgeridoo? Geklaut?

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    1. nein, nein - das Didgiridoo ist noch da. Alles bloss Gewaltfantasien meinerseits ...

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  2. Stelle ich mir sehr spannend vor so eine Reise mit dem Motorrad durch die Wüste. Und Geldwechseln ist sowieso immer ein "heißes" Thema. Heute geht das ja mit ATM & Co. relativ einfach. Wahnsinn, was sich da die letzten 16 Jahre so getan hat. :-)

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    1. In Algerien hat sich da nicht viel geänderte. Solange die ihr Devisendeklarations-Formular verlangen, ändert sich nichts :-(

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    2. Und kann man heute wieder durch die algerische Sahara fahren?

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    3. Theoretisch ja - aber in Wirklichkeit nicht. In weiten Teilen ist Führerpflicht und/oder Sperrgebiet und für Individualreisende gibt es nicht immer Visa. Zudem ist es in manchen Gebieten tatsächlich gefährlich. Und die Zukunft sieht nicht besser aus. Die guten alten Zeiten scheinen endgültig vorbei zu sein ...

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